Kulturelle Nuancen im Storytelling

1. September 2023 Text

Das Licht eines blassen Monds scheint durch das Fenster eines japanischen Teehauses. Eine Geisha erzählt eine alte Legende über einen Krieger und einen Drachen. In den USA würde der Drache möglicherweise als ein bedrohliches, feuerspeiendes Wesen dargestellt werden. Doch in dieser Geschichte ist der Drache ein Symbol für Weisheit und Schutz.

Storytelling – das Erzählen von Geschichten – ist so alt wie die Menschheit selbst. Doch was in einer Kultur als heldenhaft oder tragisch angesehen wird, kann in einer anderen völlig anders interpretiert werden.

Die Wirkung einer Geschichte hängt oft von den kulturellen Nuancen ab, die ihr zugrunde liegen. Ein Cowboy im Wilden Westen oder ein Ritter im mittelalterlichen Europa mag in seiner Heimat als Held gefeiert werden, doch in anderen Kulturen könnten diese Figuren völlig anders wahrgenommen werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Symbolik von Farben. In westlichen Kulturen wird Weiß oft mit Reinheit und Unschuld assoziiert und ist deshalb die klassische Farbe für Brautkleider. In vielen Teilen Asiens jedoch symbolisiert Weiß hingegen Trauer und Tod.

Tipps für kultursensibles Storytelling

Geschichten, die kulturelle Nuancen berücksichtigen, können Brücken bauen. Sie helfen, Vorurteile abzubauen und ein tieferes Verständnis für andere Kulturen zu fördern.

  1. Gründlich recherchieren: Wer in eine andere Kultur eintauchen will, sollte sich zunächst umfassend informieren. Bücher, Filme, Gespräche – alle Quellen sind wertvoll.
  2. Kontext beachten: Jede Geschichte hat nicht nur einen Plot, sondern auch ein Setting. Die Zeit, der Ort, die Sprache und die vielen kleinen Details wie Kleidung, Alltagsgegenstände und kulinarische Gewohnheiten sollten den historischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten entsprechen.
  3. Motive vergleichen: In verschiedenen Kulturen gibt es oftmals wiederkehrende Themen. Diese sollten jedoch stets durch die Linse kultureller Einzigartigkeit betrachtet werden. So ist das Thema der verbotenen Liebe universell, wird jedoch in Shakespeares Romeo und Julia anders behandelt als in Leonard Bernsteins West Side Story.
  4. Empathie und Respekt zeigen: Stereotypen und Klischees sind wie Schatten auf einem Gemälde. Das wahre Bild bleibt verborgen. Nur durch authentische, respektvolle und gut recherchierte Darstellungen können Erzählungen ihre volle Tiefe entfalten.
  5. Feedback einholen: Ein Austausch mit Menschen verschiedener Herkunft baut Brücken zwischen Kulturen und erweitert den Horizont. Durch den Blickwinkel einer jeweiligen Kultur gewinnen Geschichten an Authentizität und Tiefe. Darüber hinaus verhindert solches Feedback einen kulturellen Fauxpas und bringt wertvolle Einsichten.

Jede Kultur ist ein reichhaltiger Teppich aus Geschichten, Symbolen und Bedeutungen. Indem wir diese Nuancen in unser Storytelling integrieren, können wir nicht nur fesselndere und authentischere Geschichten erzählen, sondern auch zur Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen beitragen.

Das nächste Mal, wenn Sie eine Geschichte hören oder erzählen, denken Sie an das Teehaus, den Mond und den Drachen. Denken Sie an die kulturellen Nuancen und die wunderbaren Möglichkeiten, die sie bieten.